sag ich immer ganz platt, wenn mal wieder irgendwo und warum auch immer, alle Nachteile eines Newtons gegenüber einem APO-Refraktor gesammelt und runtergebetet werden müssen.

Da kommt schon mal als Gegenrede die Behauptung, dass es so einfach nicht ist und daraus mache ich nun mal die zu klärende Frage, bei der ich mich naturgemäß auf die visuelle Praxis beschränke.

Von drei auf vier Zoll wäre theoretisch zu einfach, weil sich da die Licht sammelnde Fläche mehr als verdoppelt. Praktisch halte ich es für unsinnig, weil es unter 4 Zoll keine guten und gering obstruierten Newtons zu kaufen gibt. Tuning oder Selbstbau kommt für mich erst darüber in Frage. Kleinere Fernrohre sind bei mir, nicht nur fotografisch genutzt, sondern auch visuell, Refraktorland. Also nehmen wir mal einen 6 Zoll APO, ein richtiges schweres und teures Geschütz mit rund 150 mm freier, obstruktionsloser Öffnung.

Ein Zoll sind 25,4 mm, folglich setzen wir 175 mm Newtonöffnung für die anstehenden Berechnungen und Erwägungen an.

Der APO kommt mit 150 mm Durchmesser der Linsen auf eine Licht sammelnde Fläche von 17671,5 Quadratmillimeter.

Der Newton auf eine Hauptspiegelfläche von 24053 Quadratmillimetern. Davon muss die Fangspiegelfläche abgezogen werden. Da nehme ich mal einen mit großzügigen 50 mm Durchmesser (28% Obstruktion), woraus 1964 Quadratmillimeter Fläche resultieren. Es ergibt sich für den 7 Zoll Newton eine Licht sammelnde Fläche von 22098 Quadratmillimetern und weil es da auch noch eine Fangspiegelspinne gibt, rechne ich mal mit 21.000 weiter. Sicher ist die Spinne auch mit nur 500 Quadratmillimetern Fläche locker machbar, aber was soll das.

 

Wenn wir damit weiter rechnen wollen, kommen beim Newton selbstverständlich Reflektionsverluste in Abzug.

Da ich nicht den allerletzten Billigeimer gegen den teuren Apo stelle, nehme ich mal eine 92%ige Reflektivität der Beschichtung für den Hauptspiegel und eine 98%ige für den Quarz-Fangspiegel an. Weil ja nichts perfekt ist nehmen wir für den Hauptspiegel einen Mittelwert von 88% und für den Fangspiegel 96%.

Multipliziert man das mit der Fläche kommt die Zahl 17740 raus und die wäre nun vergleichbar mit dem Wert von 17671 für den APO.

 

Bis hier hin ziehe ich beim Newton ständig und begründet etwas ab, immer eher zu viel als zu wenig, nehme den Fangspiegel eher zu groß als zu klein, um auf der sicheren Seite zu sein. Den APO lasse ich auf 100%, wer mag kann bis hier hin die 0,2 bis 0,5% pro top vergütete und fehlerfrei auspolierte Linsenfläche abziehen, ich mache das rechnerisch nicht. Auch den, für visuelle Nutzung eigentlich erforderlichen, Zenitspiegel, dessen übliche Refektivitätsangaben zwischen 90% und 99% liegen, lasse ich weg, keine Abzüge für den APO.

Unterstellen wir nun dem APO 0,95 Strehlpunkte, was saugut ist, dann sollten wir ein Spiegelset nehmen, welches die auch bringt.

Gehen wir von 0,9 aus ist es auch gut. Wir lassen aber bitte die 0,9873 Strehlpunkte auf dem Zertifikat stehen, egal ob es um den APO oder um den Newton geht und damit auch aus der Praxisbetrachtung raus....und nein, kein Refraktor bringt 100%.

Schon wenn wir uns über einen der üblichen, günstigen ED-Refraktoren unterhalten, haben wir damit ein genau so schönes Teleskop wie mit den üblichen günstigen Newtons, weil auch die in dieser Preisklasse brauchbare Optik und Mechanik aufweisen können, was ohnehin, im Zweifel bei allen Teleskop Bauarten, Gegenstand der Überprüfung sein muss.

 

Die Grafik zeigt das gewählte Beispiel.

Das kann man nun drehen und wenden wie man will.

Es gibt Hauptspiegel- und Fangspiegelbeschichtungen mit 97% Reflektion, da kann man eventuell mit 92% einen Durchschnittswert bilden, es gibt Fangspiegel mit 94% und auch noch Standard Verspiegelungen mit 80% Reflektion. Welcher Zenitspiegel soll es für den APO sein?

Man vergleicht doch besser wenigstens einigermaßen auf gleichem Niveau und wenn wir schon einen 8 Zoll Newton für 300 - 400 Euro greifen, der letztlich im schlechtesten Fall nur 60% des Lichts fängt und im Fokus vereinigt, dann suchen wir mal einen 6 Zoll Farbwerfer, für etwa dieses Geld, der die 60% auch wirklich in den Fokus bekommt.

 

Es gibt auf dem Markt leider Teleskope, welche massiv Leistung verstecken oder gar vernichten, die vom Design her durchaus abrufbar sein könnte. Etwas mehr ins Detail gehe ich dazu in diesem Beitrag oder auch hier. Vergleicht man die Systeme an sich, kann oder sollte es aber nicht um solche "Fehlkonstruktionen" gehen. Möglichkeiten, wie man aus einem solchen mangelbehabteten Teleskop doch noch ein brauchbares, eventuell sogar ein gutes Teleskop machen kann, gibt es.  Vom Einsteigerfehlkauf zum guten Teleskop kann man, etwas Bastelgeschick und Eigenleistung vorausgesetzt, sogar oft kommen, OHNE ein neues Teleskop zu kaufen.

Nun findet man auf den Wiesen recht selten 6-zöllige APOs, auch sind 7-Zoll keine übliche und häufig anzutreffende Größe, selbst bei Newtons nicht, weshalb im Beispiel schon der gängige 8-Zöller herhalten musste.

 

 

Das fällt mit 5-Zoll Apos und 6-Zoll Newtons schon deutlich leichter und so kann man dann auch mal zu einer praktischen Überprüfung der Rechnung kommen.

Da sieht man schon mal den qualitativ guten, soliden 5-Zoll Apo mit genau 127 mm Öffnung, also 12668 Quadratmillimetern Licht sammelnder Fläche.

Auch ähnliche ATM-Teleskope wie meinen 6 Zoll Newton, mit 152 mm Durchmesser der verspiegelten Fläche, die 18146 Quadratmillimeter beinhaltet, wovon die 1662 Quadratmillimeter des 46 mm messenden Fangspiegels abzuziehen sind, findet man zuweilen.

Bei diesem guten Newton verbleiben 16484 Millimeter im Quadrat.

Da bleiben sagenhafte 3816 Quadratmillimeter mehr Licht sammelnde Fläche übrig, die mein Newton allerdings bei Verspiegelung von FS und HS restlos aufbraucht, da es sich um "normale", günstige Fernostware handelt.  Immerhin, der Strehl des Spiegelsets liegt um 0,9. Mechanik und Optik sind also richtig gut. Der oft massiv diskutierte Beitrag der Fangspiegelspinne dazu beträgt magere 150 mm und sie produziert keine Spikes, weil es eine gebogene Spinne ist.

Bei der Lichtsammelleistung herrscht im Äpfel/Birnenvergleich also näherungsweise Gleichstand, da beide Teleskope sinnvoll, im Rahmen der Design- und Öffnungsvorgaben und in vergleichbarer Qualität gebaut wurden und das eine Zoll mehr für den Newton sein darf.

Bleibt die Auflösung und die ist nun mal an Öffnung gebunden.

Da haben wir für 6 Zoll Öffnung 0,77 Bogensekunden stehen, 5 Zoll Öffnung bringen es auf 0,91 Bogensekunden und das steht an den Geräten bei den Händlern immer dran, egal ob Plastiklinsen verbaut sind oder ein bis drei verschiedene, hochpräzise Sondergläser, egal ob es um ideal parabolisierte Glaskeramik oder den Kugelspiegel aus Flaschenglas geht.

Natürlich kommen da nur die wirklich Guten nahe ran und natürlich sollten wir vergleichbare Qualitäten vergleichen.

Dann stellt sich im Labor heraus, dass die MTF-Kurve (Modulationstransferfunktions-Kurve) des nicht obstruierten 5 Zoll Teleskops einen wesentlich glatteren Verlauf nimmt, aber eben kontinuierlich und bei allen Ortsfrequenzen unterhalb der Kurve für den Newton mit angemessener Obstruktion bleibt, dessen Auflösungsvermögen also nie erreicht. Das sieht man auch im fairen, praktischen, beobachtenden Direktvergleich auf der Wiese, wenn sich mal eine der seltenen Gelegenheit ergibt.

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Einschub aus aktuellem Anlass. Im Februar 2022 stolperte ich in einem Forum erneut über Einlassungen und eine Grafik zur MTF, bei der die Eckpunkte für die Auflösung von 200 mm und 250 mm Öffnung punktgenau gleich gesetzt wurden und dann zieht man mal eben linear den 50 mm Fangspiegel von der Öffnung ab und hat angeblich den Kontrastdurchmesser für das obstruierte Teleskop, der demnach eben nur der unobstruierten 200 mm Öffnung entsprechen soll.

Nee Leute, so geht das nicht, ich zeige hier aus meinem Beitrag MTF die XXXte nur mal die Grafik, in der die Auflösungskurven für 200 mm und 250 mm Öffnung richtig, also der Auflösung gemäß, gesetzt sind.

 

 

Der Kleine kommt niemals an den Großen ran, auch bei Weitem nicht, wenn man den Großen um 20% obstruiert und es braucht schon Obstruktionswerte von bis zu 50% um den Kontrast des Großen in größeren Teilen unter die Werte des Kleinen zu drücken.

Näheres ist unter obigem Link nachzulesen.

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Damit steht also auf dem Rechenblatt und gegebenenfalls auf dem Beobachtungsplatz, in Form von Teleskopen, der Beweis. Gib dem Newton ein Zoll mehr Öffnung und gut ist das. Die Nachteile sind kompensiert oder im Einzelfall sogar überkompensiert.

Okay, beim Vergleich 11 Zoll Newton gegen 10 Zoll APO könnte das kippen, aber ich warte mal, bis den jemand anbietet. Irgendwie erscheint mir so ein 10 Zoll Monster-APO für Hobbyastronomen nicht mehr praxisgerecht. Oberhalb von 8 Zoll Öffnung ist für 99,9 % der Hobbyastronomen nur ein Spiegelteleskop machbar.

Wir landen beim An- und auch beim Durchschauen auf der Spielwiese für Aussehen, Geschmack, Vorliebe, Ästhetik, Befindlichkeit, Wollen und dem passenden Vermögen.

Alles Dinge über die man trefflich streiten oder trefflich schweigen kann, ganz nach Belieben und Publikum.

 

Ich denke, das Publikum ist aber nicht die alleinige Motivation für die Flut von nicht belegbaren Vorteilsbehauptungen zugunsten des ohnehin immer pauschalierten Refraktors.

 

Man kann derzeit (2021) billig zusammengeschusterte 8 Zoll Newtons für 300-400 Euro bekommen. Ebenso funktional und optisch gute 8 Zoll Newtons mit belegter Qualität ab etwa 1000 Euro. Unter 8 Zoll Öffnung greift man auf der Suche nach hochwertigen Newtons von der Stange in aller Regel ins Leere. Da gibt es, abseits von speziellen Fotonewtons, fast auschließlich Billigware und dabei viel Schrott.

 

Dagegen findet man im Amateursektor kaum einen Refraktor mit mehr als 6 Zoll, hat aber bis da hin, gerade im Bereich 3-5 Zoll Öffnung extrem viel Auswahl, auch in jeder Qualitätsstufe. Das geht von wirklich fein und visuell absolut farbrein bis zum schrottigen Spielzeug. Die billigsten Refraktoren mit 6 Zoll Öffnung fangen allerdings bei einem Preis von rund 900 Euro an, also da, wo beim 8 Zoll Newton bereits merklich höhere Qualitätsansprüche befriedigt werden. Leute die bereit sind für einen "schönen" Refraktor viel Geld auszugeben, zieren sich diesbezüglich bei einem Newton oder gar Dobson ganz erheblich.

 

Nehme ich dann noch hinzu, dass die erste Voraussetzung für einen guten Newton sein guter Justagezustand ist, wird das Bild immer runder.

Zwar ist es nur noch ein Mythos aus (angeblich) "guter alter Zeit", dass Refraktoren das Werk immer im Bestzustand verlassen und so gut wie nie eine Nachjustierung oder -zentrierung brauchen, aber beim Newton ist diesbezüglich ganz klar und immer der Nutzer seines Glückes Schmied. Das Teleskop braucht also, wie der Link zeigt, ein klein wenig Zuwendung von jemandem der gewillt ist, sich damit auseinander zu setzen.

 

In Summe hat fast jeder Interessierte schon mal, neben schwächeren Kandidaten, einen kleinen, guten Refraktor gesehen, muss noch nicht mal ein APO gewesen sein, ein gut gefertigter 70/900er FH (Fraunhofer) oder ein 80/600er ED (Volksapo) reichen da völlig aus.

Diese gute Erfahrung wird ebenso unkritisch auf Größen hoch skaliert die man kaum kennt, wie die überwiegend schlechten Erfahrungen mit kleinen Newtons ohne Zögern dem System Newtonteleskop und der bösen Obstruktion an sich zugeschrieben werden, weil der Markt unterhalb von 6 - 8 Zoll Öffnung kaum etwas Brauchbares, gut Konstruiertes her gibt.

 

Da bleiben wenige, halbwegs vergleichbare, real existierende Teleskope übrig, die als Schnittmenge in der relevanten Öffnungsklasse gelten können, welche ich mal großzügig mit 4 - 8 Zoll ansetze. Diese Vergleiche kann man manchmal auf Wiesen finden und genießen. In den angeblich darum geführten Debatten findet man sie eher nicht und der Genuss bleibt da auch auf der Strecke.

 

Ein wenig Fairness und Entspannung ist also gefragt.

Ein paar grundsätzliche Kenntnisse über das ausgeübte Hobby und die Hilfsmittel dazu schaden auch nicht.

Dann passt das locker:

 

Gebt dem Newton ein Zoll mehr Öffnung und gut ist das...........

 

 

..................unterm Himmel ganz bestimmt!